Was unterscheidet einen Tierpsychologen von einem Tiertrainer?

 

Tierpsychologe, Verhaltensberater, Trainer – wer macht denn jetzt eigentlich was, und vor allem: Wen brauche ich wann?

 

Tierpsychologe, Verhaltensberater oder Tiertrainer

 

Die schlechte Nachricht vorweg: Alle drei Begriffe sind in Deutschland nicht geschützt. Daher sollte man grundsätzlich genau hinschauen, welche Ausbildung der auserwählte Dienstleister absolviert hat. Möchte er keine Ausbilder nennen, sollte man als Kunde darauf bestehen – oder sich gleich jemand anderen suchen.

Aber auch sogenannte „Diplom-Tierpsychologen“ sind mit Vorsicht zu genießen, da tatsächlich kein Diplom für Tierpsychologie existiert! Eine solche Bezeichnung ist als irreführende Werbung zu bewerten. Stattdessen sollte auf die Zertifizierung durch seriöse Lehreinrichtungen geachtet werden.

 

Nun die gute Nachricht: Tierpsychologen und Verhaltensberater machen exakt die gleiche Arbeit. Die verschiedenen Begrifflichkeiten können erstmal für Verwirrung sorgen, aber es ist höchstens eine Frage der Perspektive, welche der beiden Bezeichnungen man für sich wählt. So wurde zum Beispiel der von mir absolvierte Ausbildungsgang in der Schweiz unter dem Titel Verhaltensberatung geführt, in Deutschland aber unter der Bezeichnung Tierpsychologie zugelassen. Da ich in Deutschland praktiziere, entschied ich mich auch für letztere Bezeichnung. (Das ist wohl der „Vorteil“, wenn keine einheitliche Regelung existiert: Mehr kreative Freiheit bei der Namensfindung. 😉)

 

Und was hebt nun Tierpsychologen von Tiertrainern ab? Selbstverständlich unterscheiden sich auch Trainer in ihren Qualifikationen und Fähigkeiten. Viele sind zwar gut geeignet, um grundlegende Verhaltensweisen oder Umgangsformen zu lehren, doch den meisten Trainern fehlt eine zusätzliche Qualifikation, um kompliziertere Verhaltensprobleme wirksam anzugehen. Oftmals ist auch schwer zu erkennen, ob die Trainingsmethoden durch wissenschaftliche Verhaltensforschung gestützt werden.

Denken wir nur an den Pferdebereich: Die Trainingsansätze sind so zahlreich und vielseitig, dass man kaum den Überblick behalten kann. Doch ein Pferdepsychologe kann grundsätzlich mit Individuen jeder Ausbildungs- und Reitweise arbeiten, da in der Beratung wissenschaftliche Grundlagen der Lerntheorie und der Verhaltensforschung berücksichtigt werden.
Und denken wir an unsere Katzen, so ist ein Training ohne dieses Grundlagenwissen kaum erst möglich – weshalb sich auch das Vorurteil so hartnäckig hält, dass Katzen „nicht zu erziehen“ wären. Tatsächlich sind sie überaus lernfähig und lernwillig. Man muss allerdings die artspezifische und die individuelle Lerndisposition kennen und beachten, um Erfolge zu erzielen.

 

Training bildet häufig einen Bestandteil einer tierpsychologischen Beratung. Es kann, je nach vorliegendem Fall, einen großen oder auch nur einen kleinen Anteil des Therapieprogramms ausmachen. Der Werkzeugkoffer des Tierpsychologen beinhaltet aber zahlreiche weitere Lösungsstrategien. Und natürlich steht am Anfang jeder seriösen Beratung eine umfassende Anamnese und Analyse. Der Tierpsychologe wird darin geschult, die richtigen Fragen zu stellen, um dem vorliegenden Verhalten schnell und effizient auf den Grund zu gehen.

 

Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass Tierpsychologen bzw. Verhaltensberater nicht bloß bei bestehenden Verhaltensproblemen konsultiert werden können. Ein wichtiger Teil der Arbeit ist es, durch Aufklärung und Coaching der Tierhalter Verhaltensproblemen vorzusorgen. Dies wird leider oft unterschätzt – wer möchte sich schon eingestehen, dass man eben noch nicht alles über den eigenen Schützling und seine Bedürfnisse weiß?! Doch wir Tierpsychologen verstehen uns auch gerne als Sprachrohr oder Dolmetscher der Tiere. Somit kann ich nur dafür plädieren, professionelle Hilfe lieber früher, als zu spät in Anspruch zu nehmen. Das bedeutet keinesfalls, dass du bisher nur Fehler gemacht hast! Aber man lernt ja doch nie aus.